Die Goldschmiedekunst aus den Niederlanden war auf allerhöchstem Niveau. Das wird in der spektakulären Schatzkammer des Teseum in Tongeren sehr deutlich. Dort finden Sie zahlreiche Meisterwerke! Einschließlich des Ensembles von vierzehn Reliquienstatuen.
Reliquienfiguren
Die aus 14 Figuren bestehende Reliquiensammlung gehört zu den flämischen Meisterstücken. Obwohl sie aus verschiedenen Epochen stammen, bilden die Figuren aus dem gesamten 15. und frühen 16. Jahrhundert ein kohärentes Ensemble. Ihr Stil reicht von der Zeit vor den Brüdern Van Eyck bis zur Renaissance. Jede Figur enthält eine Reliquie oder die sterblichen Überreste eines bzw. einer Heiligen. Bei einigen wurde die Reliquie in die Figur oder in den Sockel eingearbeitet, bei anderen wiederum befindet sie sich in einem Behälter auf oder neben der Figur. Sechs Reliquienfiguren sind zusammen mit anderen Reliquienschreinen auf einem so genannten „Toningsformulier“ aus dem Jahr 1516 abgebildet. Pilger konnten ein solches Formular als Souvenir und Nachweis dafür erwerben, welche Reliquien sie mit eigenen Augen gesehen haben. Die Reliquienfiguren werden bei den alle sieben Jahre stattfindenden Krönungsfesten im Rahmen einer Prozession auch heute noch mitgeführt.
Prozessionskreuz - Anonym
Dieses über 600 Jahre alte Prozessionskreuz aus Silber wird noch immer bei den Prozessionen in Tongeren mitgeführt. Mit dem nach rechts hängenden Kopf erregt Jesus´ Haltung Mitleid. Der ganze Körper sowie Lendentuch sind überaus plastisch ausgearbeitet. An den vier Kreuzenden befinden sich die Symbole der vier Evangelisten: oben der Adler des Johannes, links der Löwe des Markus, rechts der Ochse des Lukas, und der Engel unten steht für Matthäus. In den sechs Nischen unter dem Kreuz befindet sich jeweils eine Heiligenfigur. Einer von ihnen ist Bischof Maternus aus Tongeren. Er befindet sich links von der zentralen Figur. Maternus soll auch Bischof in Trier und Köln gewesen sein – daher auch die drei Kirchen, die er in der Hand hält.
Reliquienbüste der Heiligen Olivia - Anonym
Die Heilige Olivia wird als junge Frau mit schulterlangem, lockigem Haar dargestellt. Sie trägt ein goldfarbenes Gewand mit rundem Halsausschnitt, verziertem Kragen sowie einem Kristall auf der Brust. Die Büste steht auf einem sechseckigen Sockel mit der Inschrift „Caput S. Olivia“. In der Büste befindet sich ihr Schädel. Olivia gehörte zu den 11.000 Jungfrauen, die zusammen mit der Heiligen Ursula im Jahr 383 ermordet wurden.
Reliquientriptychon mit dem Schleier der Muttergottes - Anonym
Für die „Marienstadt“ Tongeren ist dieses Triptychon etwas ganz Besonderes. Die Reliquie, die es enthält, wird seit Jahrhunderten verehrt und in Prozessionen mitgeführt. Diese Reliquie ist ein rechteckiges Fragment von Marias Schleier. Auf dem Triptychon wird dieser von zwei Engeln als weiße Fläche dargestellt. Es wirkt dadurch wie ein abstraktes Gemälde. Doch das eigentliche Schleierstück ist in eine größere Komposition eingearbeitet, eine Art Collage. Diese Collage wurde auf die mittlere Tafel des Triptychons genagelt, die übrigens meistens verschlossen war. Das Triptychon ist auch für die Kunstgeschichte von Bedeutung. Das Gemälde auf der Innenseite der beiden Tafeln stammt aus der Zeit um 1400, also aus der Zeit vor den Brüdern Jan und Hubert van Eyck. Nur sehr wenig Kunst aus dieser Zeit ist erhalten geblieben. Dieses Gemälde stammt aus der Maasregion, der Heimat der Brüder Van Eyck. Es zeigt die Verkündigung, den Moment, in dem der Erzengel Gabriel Maria mitteilt, dass sie die Mutter des Sohnes Gottes werden wird. Auf der Banderole steht auf Lateinisch: „Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit dir.“ Das ist der Beginn des Gebets Ave Maria. Über der betenden Maria sendet Gott, der Vater, den Heiligen Geist in der Gestalt einer Taube zu Maria.
Reliquienschrein von Remaklus
Diese bemalte Holzkiste wurde in den letzten 100 Jahren bei Prozessionen während der Krönungsfeiern durch die Straßen von Tongeren getragen. Jetzt ruht dieses Prunkstück hier. Der Reliquienschrein enthält eine Reliquie des Heiligen Remaklus (600-673). Er war Bischof von Maastricht und genoss in den vergangenen Jahrhunderten großes Interesse in und um Stavelot, die älteste Stadt Belgiens. Der Legende nach traf Remaklus zu Lebzeiten den Heiligen Trudo, den Stadtheiligen von Sint-Truiden.
Der Schrein muss einst vollständig mit Blattgold überzogen gewesen sein. Wer genau den Schrein bemalt hat, geht aus den Archiven nicht vor. Es war auf jeden Fall ein begabter Künstler, der mit dem kleinen Format keine Schwierigkeiten hatte. Aus dem, was von der Bemalung übrig ist, kann man ableiten, dass der Maler sehr präzise arbeitete. Das spiegeln die Gesichter und die Kleidung der abgebildeten Figuren wider. Auf der schmalen Seite thront Jesus als der Mann, der buchstäblich die Welt und ihre Sünden trägt, während man auf der gegenüberliegenden Seite die besorgt schauende junge Mutter Maria mit dem Jesuskind erkennt. Auf einer der beiden Längsseiten ist Petrus mit einem riesigen Schlüssel in der rechten Hand abgebildet, zwischen den beiden Kirchenvätern Gregor und Hieronymus. Auf der anderen Seite wird Paulus mit seinem Schwert von Ambrosius und Augustinus flankiert.
Der Reliquienschrein muss jahrelang – wenn nicht jahrhundertelang – in der Kirche von Lierneux zwischen Lüttich und Bastogne gestanden haben. 1896 schließlich schenkte der Dekan von Verviers dem Dekan der Basilika von Tongeren den Schrein. Damals befanden sich darin noch Reliquien des Heiligen Symètre. Diese wurden jedoch schon bald durch die Reliquien des Heiligen Remaklus ersetzt, welche sich bereits seit Jahrhunderten in der Basilika befanden.
Praktische Informationen
Barrierefreiheit
Die Schatzkammer und der Kreuzgang sind für Menschen mit Behinderungen leicht zugänglich.
Der archäologische Fundort ist für Menschen mit Behinderungen schwer zugänglich.